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Fruktoseintoleranz

Ein Glas Multivitaminsaft zum Frühstück, Obst und Gemüse über den Tag verteilt, und ab und zu womöglich ein kalorienreduziertes Diätmenü... Eine so vernünftige Ernährung kann doch unmöglich Ursache für Gesundheitsstörungen sein, sollte man meinen. Tatsächlich aber vermag gerade diese vorbildliche Lebensweise die Ursache für unerklärliche Beschwerden von Magen und Darm, ja sogar für Depressionen und Nährstoff-Mangelerscheinungen zu sein. Wie die Laktose-Intoleranz kann auch die Fructose-Intoleranz viele Beschwerden auslösen, ohne auf Anhieb diagnostiziert zu werden.

Bis zu 30 % der Erwachsenen betroffen

Auslöser solcher Beschwerden ist der in diesen Lebensmitteln enthaltene Fruchtzucker, auch bekannt als Fructose. Wer nach dem Konsum alltagsüblicher Mengen dieses Kohlehydrats Beeinträchtigungen der Gesundheit und des Wohlbefindens verspürt, der leidet unter einer Fructose-Intoleranz. Von dieser Lebensmittel-Intoleranz, die auch als Fruchtzucker-Unverträglichkeit oder Fructose-Malabsorption bezeichnet wird, sind nach Schätzungen etwa 30 Prozent der europäischen Bevölkerung betroffen.

Fehldiagnosen keine Seltenheit

Angesichts dieser Zahlen sollte man meinen, dass die Abklärung einer Fructose-Intoleranz bei der Diagnostik unklarer Gesundheitsbeschwerden zur Routine gehört. Doch bislang ist diese Nahrungsmittel-Unverträglichkeit nicht nur den Betroffenen, sondern auch vielen Medizinern unbekannt. Nicht selten werden Patienten mit der Diagnose „Reizdarmsyndrom“ vertröstet, noch häufiger werden sogar psychische Ursachen als Krankheitsursache vermutet. Und so dauert es oft Jahre oder gar Jahrzehnte, bis die richtige Diagnose gestellt wird. Und das, obwohl ein beschwerdefreies Leben auch bei einer massiv ausgeprägten Fruchtzucker-Unverträglichkeit leicht möglich ist, wie Sie auf den nächsten Seiten erfahren werden.

Was genau bedeutet Fructose-Intoleranz?

Wie der Name schon vermuten lässt, handelt es sich um eine Unverträglichkeit des Kohlenhydrats Fructose, welches naturgemäß in allen Obst- und Gemüsesorten enthalten ist. Der Grund dafür ist ein Defekt im Transportsystem des Dünndarms. Er führt dazu, dass dieser Zuckerstoff nicht oder in nicht ausreichendem Maße verdaut wird, wodurch es zu Völlegefühl, Blähungen und durchfallartigen Störungen kommt. Wird auf diese Krankheit langfristig nicht diätetisch eingegangen, so drohen den Betroffenen neben Verdauungsstörungen auch Depressionen und sogar die Folgen eines Vitalstoffmangels.

Langer Weg zur richtigen Diagnose

Mittels eines vergleichsweise einfachen Verfahrens kann eine Fructose-Intoleranz nachgewiesen werden, daher sollte man meinen, dass jeder Betroffene über seine Krankheit Bescheid weiß. Doch genau das Gegenteil ist der Fall: Viel zu selten wird ein entsprechender Atemtest beim Vorliegen unklarer Bauchbeschwerden verordnet, und viel zu häufig werden die Betroffenen mit Ihren zahlreichen, teilweise diffusen Symptomen fehl diagnostiziert und sehen sich darüber hinaus mit dem Verdacht konfrontiert, allein seelische Gründe seien für ihre Krankheit verantwortlich.

Gesund leben - krank fühlen

Aber wie kann es sein, dass die Diagnose der Fructose-Intoleranz – im Weiteren zur Vereinfachung mit FI abgekürzt – eine solche Außenseiterstellung einnimmt? Dafür gibt es vermutlich mehrere Gründe: Zum einen interpretiert man Verdauungsbeschwerden nach dem Genuss größerer Mengen an Fruchtzucker nicht unbedingt als eine ernstzunehmende Krankheit. Schließlich wird nahezu jedes Lebensmittel ab einer gewissen Menge ungenießbar und schwer verdaulich. Dabei wird aber übersehen, dass Menschen mit FI häufig gar nicht wissen, dass sie gewohnheitsmäßig viel Fruchtzucker zu sich nehmen und daher den Verursacher ihrer Beschwerden nicht identifizieren können. Gerade wer meint, sich besonders verantwortungsbewusst zu ernähren, wird bei Vorliegen einer FI genau den gegenteiligen Effekt erreichen.

Auch die Lebensmittelindustrie trägt eine Mitschuld

Auch die Errungenschaften der Lebensmittelindustrie tragen zur Verschärfung der Problematik bei: Aus technologischen Gründen wird unzähligen Speisen und Getränken heutzutage nicht nur Laktose, sondern auch Fructose beigemengt, wodurch der Verbraucher im Laufe eines Tages ganz beträchtliche Mengen dieses Kohlenhydrates zu sich nimmt. In den meisten Fällen weiß er davon aber nichts.

Geänderte Essgewohnheiten

Zu bedenken ist auch, dass sich die Essgewohnheiten der Nord- und Mitteleuropäer in den letzten Jahrzehnten sehr verändert haben: Galten Südfrüchte, exotische Obst- und Gemüsesorten und Säfte früher noch als besondere, weil teure Delikatesse, so nehmen sie auf dem heutigen Speiseplan einen festen Platz ein. Nahezu täglich und zu jeder Jahreszeit konsumieren wir damit ein Vielfaches der Fruchtzuckermenge wie noch vor 30 Jahren. Für die Mehrzahl der Menschen stellt der Konsum dieser Vitaminspender einen glücklichen Segen dar, weil sie den darin enthaltenen Fruchtzucker problemlos tolerieren. Für 3 von 10 Personen gilt dies allerdings nicht: Sie leiden unter einer FI.

Die richtige Diagnose finden

Haben Sie den Verdacht, zu den 30 Prozent der Betroffenen zu gehören? Dann sollten Sie über eine Eliminationsdiät nachdenken oder Ihren Arzt bitten, einen H2-Atemtest zu verordnen.

Die Eliminationsdiät

Im Rahmen einer 4-6-wöchigen Eliminationsdiät meiden Sie - so gut es geht - alle fruchtzuckerhaltigen Speisen und Getränke. Sobald sich eine deutliche Besserung Ihres Gesundheitszustandes einstellt, dürfen Sie dann einzelne Lebensmittel wieder austesten, von denen Sie wissen, dass sie einen kritischen Fruchtzuckergehalt besitzen. Auf diese Weise finden Sie sicher heraus, ob Sie tatsächlich unter einer Fructose-Intoleranz leiden. Durch das Austesten einzelner Lebensmittel bekommen Sie außerdem ein Gespür dafür, wie stark Ihre individuelle (In-)Toleranz gegenüber Fruchtzucker ausgeprägt ist und welche Speisen Sie trotz eines gewissen Fructosegehaltes dennoch gut vertragen.

Der H2-Atemtest

Diese Methode ist das Standardverfahren zur Ermittlung einer Malabsorption von Fructose. Der H2-Atemtest (Wasserstoff-Atemanalyse) wird von vielen Ärzten und in Kliniken durchgeführt und bringt innerhalb weniger Stunden Gewissheit über das Vorliegen einer Fructose-Intoleranz. Bitten Sie Ihren Arzt, einen entsprechenden Test bei Ihnen zu verordnen oder fragen Sie nach einer Überweisung an die Gastroenterologische Ambulanz einer naheliegenden Klinik. Haben Sie berechtigte Gründe für Ihren Verdacht, unter FI zu leiden, so darf man Ihnen diesen Test nicht verwehren.

Genaue Details über erlaubte und verbotene Speisen während einer Eliminationsdiät finden Sie im Ratgeber “Fructose-Intoleranz (TRIAS-Verlag 2005). Hier erfahren Sie auch mehr über die Durchführung eines H2-Atemtests und darüber, welche anderen Verfahren zur Diagnose einer Fructose-Intoleranz es noch gibt.

Wenn die Laune sinkt

Patienten mit Fructose-Malabsorption leiden häufig unter seelischen Störungen. Grund dafür ist ein unausgeglichener Serotonin-Haushalt, welcher wiederum auf einen Mangel an Tryptophan zurückzuführen ist. Diese Aminosäure wird für die Bildung des „Glückshormons“ Serotonin dringend benötigt. Eine gesunde Darmflora produziert unter anderem Vitamine der B-Gruppe, die unter dem Begriff Folsäure zusammengefasst werden. Diese Stoffe wirken bei der Bildung von Blutkörperchen und Schleimhautzellen mit, sie unterstützen verschiedene Stoffwechselvorgänge und dienen der Gesunderhaltung des Herz-Kreislauf-Systems.

Niedrige Folsäure-Werte

Aus Studien weiß man, dass Patienten mit Fructose-Intoleranz niedrigere Folsäurewerte aufweisen als Personen ohne FI. Direkte Folge eines Folsäuremangels ist eine verstärkte Depressionsneigung, Reizbarkeit sowie Konzentrationsschwäche. Dies birgt besonders in Hinblick auf den ohnehin gestörten Serotonin-Haushalt eine gewisse Brisanz. Veränderungen in der Blutgerinnung und bei der Wundheilung sind außerdem häufiges Zeichen eines Folsäuremangels, ebenso wie ein erhöhtes Risiko für das Entstehen von Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

Zinkmangel und Erkältungskrankheiten bei FI

Der Mineralstoff Zink ist ein essenzielles Spurenelement, das als Kofaktor zahlreicher Enzymsysteme, für die Funktion verschiedener Hormone sowie im Stoffwechsel eine wichtige Rolle spielt. Am bekanntesten ist seine Beteiligung an der Immunabwehr, die für den menschlichen Organismus von tragender Bedeutung ist. Zinkmangel scheint ein typisches Symptom einer Fructose-Intoleranz zu sein: In der Untersuchung eines Patientenguts hatten alle Personen mit Zinkmangel auch gleichzeitig eine FI.

Wichtig: Ausreichend Zink und Folsäure zuführen

Zwar liegen über die Zusammenhänge noch keine weiteren Erkenntnisse vor, doch der auffallend hohe Anteil (100 %) lässt weitere Untersuchungen sinnvoll erscheinen. Sicher ist aber auf jeden Fall die hohe Bedeutung einer ausreichenden Zinkversorgung für Patienten mit Fructose-Intoleranz. Da das Spurenelement Zink nicht im Körper gespeichert werden kann, ist eine regelmäßige Zufuhr über die Nahrung besonders für Menschen mit FI sehr wichtig. Folge eines Zinkmangels kann unter anderem eine erhöhte Infektanfälligkeit mit der Neigung zu Erkältungskrankheiten sein. Auch für gesunde Haut, volles Haar und widerstandsfähige Fingernägel ist ein ausgeglichener Zinkspiegel unentbehrlich.

Therapie der Fructose-Intoleranz

Die Fructose-Intoleranz ist nicht heilbar. Wer unter dieser Krankheit leidet, wird aller Voraussicht nach sein Leben lang damit konfrontiert sein. Auch gibt es kein Medikament, welches die Malabsorption dauerhaft zu beseitigen oder lindern vermag. Das sind zwar zunächst einmal schlechte Nachrichten, doch es gibt auch eine gute: In fast allen Fällen lassen sich die Beschwerden durch therapeutische Maßnahmen auf ein Minimum reduzieren oder gar völlig beseitigen. Hierzu zählen insbesondere eine fructosereduzierte Diät, eine Nahrungsergänzung durch Zink und Folsäure, die Sanierung der Darmflora sowie unter Umständen eine vorübergehende Gabe von Antibiotika.

Die fructosereduzierte Diät

Das Mittel der Wahl bei einer FI ist eine fruchtzuckerarme oder –freie Ernährung. Denn allein durch die Einhaltung einer mehr oder weniger strengen Diät verschwinden bei den meisten Betroffenen die Beschwerden gänzlich oder verringern sich auf ein akzeptables Minimum.

Nahrungsergänzung durch Zink und Folsäure

Typisch für eine FI ist die Unterversorgung des Körpers mit Zink und Folsäure, die mit Depressionen, Infektanfälligkeit und einer Reihe weiterer Folgekrankheiten in Verbindung gebracht wird. Diese Nährstoffdefizite durch diätetische Maßnahmen, also durch vermehrten Konsum Zink- und Vitamin-B reicher Speisen auszugleichen, ist besonders bei einer FI sehr schwierig und erfordert einen unverhältnismäßig großen diätetischen Aufwand. Fachleute raten daher zu einer Ergänzung der Nährstoffzufuhr durch Zink- und Folsäuresupplemente. Die entsprechenden Präparate stellen eine sinnvolle Nahrungsergänzung für Menschen mit FI dar und sollten zur Vermeidung schwerwiegender Folgeerkrankungen lebenslang fester Bestandteil einer gesunden Ernährung sein.

Aufbau der Darmflora

Häufige oder chronische Verdauungsstörungen infolge einer fehlerhaften Ernährung mit fructosehaltigen Lebensmitteln können die Darmflora in ihrer Funktion nachhaltig beeinträchtigen. In solchen Fällen kann ein Aufbau der natürlichen Lebensverhältnissen im Darm durch die Anreicherung mit gesunden Darmbakterien angezeigt sein. In Studien konnte gezeigt werden, dass es einen Zusammenhang gibt zwischen der Entstehung von Symptomen und der Anzahl und Wirksamkeit der Darmbakterien. Von FI-Patienten mit geringer bakterieller Aktivität wurden nach der Einnahme von Fruchtzucker unter kontrollierten Bedingungen weniger Symptome berichtet als von Patienten, bei denen die Fructose durch Darmbakterien zersetzt wurde. Man schließt daraus, dass es unter Umständen therapeutisch sinnvoll sein kann, das existierende Bakterienmilieu durch die Gabe von Antibiotika vorübergehend zu zersetzen. Dieser „radikalen“ Vorgehensweise ist in jedem Fall eine, das Floramilieu stabilisierende Therapie nach entsprechender Darmfloradiagnostik (=Kyberstatus) vorzuziehen, da hierdurch oft eine Verbesserung der Fructosetoleranz erreicht werden kann.

Grundsätzlich muss zwischen einer vererbten (primären) und einer intestinalen (sekundären) Fructoseintoleranz unterschieden werden. Erstere bildet sich in Folge einer genetischen Mutation und zeigt daher eine familiäre Häufung. Die sekundäre FI entwickelt sich im Laufe des Lebens. Sie ist u. a. gekennzeichnet durch große Variabilität der tolerierten Fructosemengen.

Die Therapie einer vererbten Fructoseintoleranz besteht darin, alle fructosehaltigen Lebensmittel weitgehend zu meiden.

Verboten

  • alle zuckerhaltigen Lebensmittel wie: Süßigkeiten aller Art, Obst- und Gemüsekonserven, alle nicht ausdrücklich erlaubten Obst- und Gemüsesorten, Fruchtsäfte, Weißbrot, Vollkornbrot, Pumpernickel, Haushalts-, Invert- und Diabetikerzucker, Honig, Marmelade, Mayonnaise, Ketchup, Fertigsaucen

  • alle insulinhaltigen Lebensmittel wie: Topinambur, Artischocken

  • alle mit Sorbit (Sorbitol) hergestellten Lebensmittel (Zutatenliste beachten, Sorbit hat E-Nummer 420!)

Wir haben Ihnen eine Liste mit dem Fructosegehalt zusammengestellt.

Während des ersten Lebensjahres sollte völlig auf Obst und Gemüse verzichtet werden. Allerdings müssen Vitamine in Tablettenform zugeführt werden. Nach dem ersten Lebensjahr bzw. im Erwachsenenalter sind erlaubt:

Erlaubt

  • selbst zubereitete Breikost, grüne Bohnen, Kopfsalat, Feldsalat, Chicoree, Broccoli, Blumenkohl, Spargel, Gurken, Spinat, Erbsen, Pilze, Rettiche, Radieschen, Weißkohl, Tomaten, Rhabarber, Zitronen

  • Begrenzt sind auch Kartoffeln erlaubt, wenn diese mindestens 10-20 Tage gelagert, dann geschält, zerschnitten und einen Tag gewässert wurden.

Bei der intestinalen Fructoseintoleranz muss individuell ermittelt werden, welches Obst vertragen wird und welches nicht. Obstsorten mit einem besonders hohen Fructose- bzw. Sorbitgehalt (z.B. Rosinen, getrocknete Pflaumen, Weintrauben) müssen in der Regel gemieden werden.

Die gleichzeitige Anwesenheit von Glucose (Traubenzucker) in einem Lebensmittel scheint sich günstig auf die Resorption der Fructose auszuwirken. Bei einer Fructosemalabsorption ist daher eine ausgewogene Ernährung in der Regel möglich. Verzichtet werden sollte hingegen auf industrielle Lebensmittel mit einem Zusatz von Fructose oder Sorbit.

Siehe auch die Fruchtzuckeraustauschtabelle (PDF)

Dr. Gerd Kelly - Neutraubling