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Kryptopyrrolurie

Die Kryptopyrrolurie ist eine erblich veranlagte, familiär gehäuft auftretende biochemisch-enzymatische Störung des Häm-Stoffwechsels (roter Blutfarbstoff). Sie wurde vor knapp 40 Jahren von Carl C. Pfeiffer und Mitarbeitern sowie von Irvine ausführlich beschrieben und näher charakterisiert, ist jedoch seitdem weitgehend in Vergessenheit geraten. Obwohl ähnlich wie die Porphyrien ein internistisch- neurologisch-psychiatrisches Krankheitsbild, ist sie der modernen Schulmedizin kaum noch bekannt und wird deshalb in differentialdiagnostische Überlegungen leider fast nie mit einbezogen. Fehldiagnosen sind damit die Regel und nicht die Ausnahme. Normalerweise werden Pyrrole nicht in freier Form im Urin ausgeschieden, sondern an Gallensäuren gebunden im Stuhl eliminiert.

Die vermehrte Ausscheidung von Pyrrolen im Urin (andere Bezeichnungen: Malvaria, Ausscheidung des Malvenfaktors im Urin; Kryptopyrrolurie=Ausscheidung verborgener Pyrrole im Urin; Kryptopyrrol=2,4-Dimethyl-3-Äthyl-pyrrol) signalisiert den Enzymdefekt mit vermehrtem Anfall der Häm-Metaboliten, ist aber nicht spezifisch für ein Krankheitsbild.

Sie findet sich bei verschiedenen, recht unterschiedlichen Erkrankungen wie:

  • bei Depressionen bis hin zu psychotischen Symptomen (schizophrenartig)

  • bei Selbstmordgedanken

  • bei zerebralen Abbauprozessen

  • beim Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktitivät-Syndrom (ADHS)

Ob es sich hierbei um einen ursächlichen Zusammenhang oder ein Begleitsymptom handelt, ist umstritten und bislang nicht definitiv geklärt. Fest steht, dass etwa 10%der Bevölkerung eine enzymatische Störung im Häm-Metabolismus aufweisen, die unter normalen Lebensbedingungen jedoch weitgehend ausgeglichen (kompensiert) wird. Unter Stresseinwirkung kann die Stoffwechselstörung aus dem Gleichgewicht geraten und sich mit unspezifischen, teilweise verwirrenden Symptomen manifestieren. Durch den Nachweis einer abnorm gesteigerten Pyrrolausscheidung im Urin kann sie mit hoher Zuverlässigkeit als Kryptopyrrolurie diagnostiziert werden. Erhöhte Urobilinogen-Konzentrationen im Urin können sich messtechnisch störend auswirken und sollten berücksichtigt werden.

Neben ihrer Funktion als Marker dieser Stoffwechselstörungen und Erkrankungen führt die Kryptopyrrolurie zur Verarmung des Organismus an Zink und Vitamin B6, weil Pyrrole im Blut unlösliche Verbindungen (Chelate) mit Vitamin B6 und Zink eingehen.

Mitunter werden parallel erhöhte Kupfer- und erhöhte oder erniedrigte Histamin-Serumkonzentrationen sowie ein Mangel an Immunglobulin A festgestellt. Die Behandlung ist effizient durch die simultane Substitution von Zink und Vitamin B6

(Pyridoxalphosphat) möglich, eine zusätzliche Ergänzung von Mangan, Magnesium, B-Vitaminen, Vitamin E, Chrom und anderen synergistisch wirkenden Inhaltsstoffen (Spezialpräparat) ist sinnvoll.

Klinische Verdachtsmomente für eine Kryptopyrrolurie sind unklare neurologische Symptome, Hirnfunktionsstörungen, Gedächtnisstörungen unklarer Genese sowie psychotische Störungen. Häufig wird frühzeitig eine Verschlechterung des Kurzzeit- und Namensgedächtnisses oder der Handschrift beobachtet.„Kryptopyrroliker“ leben scheinbar in einer Welt des Chaos und weisen defektbedingt häufig besondere Begabungen auf. In Stresssituationen entwickeln sie leicht

angstneurotische „Zustände“. Die psychiatrische Fehldiagnose einer schizophrenen Psychose liegt dann nur allzu nahe! Betroffene suchen oft erst nach langer Zeit und auf Drängen anderer Menschen ärztlichen und psychologischen Rat wegen nervöser Erschöpfung, neurotischen Ängsten, Depressionen, Schlafstörungen, Wahrnehmungsstörungen, starken emotionalen Schwankungen und Traumerinnerungslücken.

Nicht selten werden sie als „wahnsinnige Genies“ und „Borderline-Typen“ beschrieben. Körperlicher und psychischer Stress wirken sich dekompensierend und manifestations- fördernd aus. Im manifesten Stadium werden neben den neuropsychiatrischen Symptomen auch rheumatologische Beschwerden und unspezifische Autoimmunphänomene beobachtet, deren Genese bislang ungeklärt ist.Als Folge des ausgeprägten kombinierten Vitamin- und Zinkmangels können eine gesteigerte Infektionsneigung, Wundheilungsstörungen, eine Verletzungsanfälligkeit der Haut, Haarausfall und trophische Störungen (brüchige Nägel, struppige Haare, rissige Haut, Striae der Haut) resultieren. Weniger gut belegt - und häufig nur kasuistisch dokumentiert - ist die Assoziation der Kryptopyrrolurie mit Akne vulgaris, Leukonychie (Weißflecken der Nägel), Kopfschmerzen, nächtlichen Angstzuständen und Panikattacken, morgendlichem Erbrechen, Schwangerschaftserbrechen, Karpaltunnelsyndrom, Zahnwachstumsstörungen, prämenstruellem Syndrom, Infertilität sowie Knochen-,Gelenk- und Muskelbeschwerden. Ein auffälliger Zusammenhang besteht zwischen der Kryptopyrrolurie und dem „attention-deficit-hyperactivity-Syndrom“ bei Kindern und Jugendlichen. Eine gesteigerte Urinausscheidung des Malvenfaktors (Pyrrole) wurde bei Kindern mit gestörtem Kurzzeitgedächtnis, Unkonzentriertheit, Lernschwierigkeiten,

Legasthenie und Stressunverträglichkeit überzufällig häufig beobachtet. Verschiedene Therapeuten, u. a. B. Kuklinski und Mitarbeiter, Rostock, berichten über zum Teil dramatische Therapieerfolge durch Substitution von Zink, Vitamin B6 und Mangan. Leider sind diese positiven Therapieerfahrungen in der schulmedizinischen Literatur bislang kaum dokumentiert.

ADS

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Pyrrole stellen eine Gruppe chemischer Ringverbindungen dar, die auch Bestandteil des Häms sind. Pyrrole zählen zu den Indolverbindungen. Die Ausscheidung im menschlichen Stoffwechsel verläuft unter normalen Bedingungen über Gallenfarbstoffe im Stuhl. Bei der Pyrrolurie wird überschüssiges Pyrrol auch über den Urin ausgeschieden. Dies geht einher mit einer Komplexbildung mit Zink und Vitamin B6 (Chelatbildung), was dazu führen kann, dass diese in einen defizitären Zustand geraten. Der Pyrrolurie werden zahlreiche stoffwechselbedingte Phänomene zugeschrieben, wie sie beispielsweise bei Heufelder im Artikel "Kryptopyrrol" in Comed näher beschrieben sind.

Bei Kryptopyrrol (verborgenes Pyrrol) handelt es sich chemisch um 2,4 Dimethyl-3-ethylpyrrol. Es reagiert leicht mit der aktiven Form des Vitamin B6 (Pyridoxal-5-Phosphat), die dann mit Zink komplexiert und ausgeschieden wird. Bei der Pyrrolurie fallen Pyrrole vermehrt an, so dass sie auch über den Urin nach Komplexbildung mit Vitamin B6 und Zink ausgeschieden werden. Als Folge davon können diese essentiellen Supplemente in einen Mangel geraten.

Mögliche Folgen des Mangels an Vitamin B6 und Zink durch Kryptopyrrolurie

Vitamin B6 und Zink sind an zahlreichen Stoffwechselprozessen beteiligt. Dieser kombinierte Mangel kann zu psychischen und psychosomatischen Störungen führen und wird auch für das Aufmerksamkeitsdefizit- Syndrom und Hyperaktivität (ADS/ADHS) bei Kindern mit verantwortlich gemacht. Dies steht in Folge auch in Zusammenhang mit Lernschwierigkeiten. Die Vitamine der B6-Gruppe, die insbesondere auch Pyridoxal-5-Phoshat umfasst, ist Koenzym für ca. 200 Enzyme. Da Vitamin B6 im Körper nicht sehr gut gespeichert werden kann, ist die tägliche Zufuhr mit der Nahrung sehr bedeutsam. Neben seiner Rolle im Protein- und Kohlenhydratstoffwechsel ist Vitamin B6 auch an der Synthese von Neurotransmittern wie Serotonin, Dopamin und Noradrenalin beteiligt, was im Zusammenhang mit Kryptopyrrolurie besonders interessant ist. Zink ist Bestandteil zahlreicher Enzyme und essentiell für zahlreiche biochemische und zelluläre Reaktionen und somit an der Regulation vieler Stoffwechselprozesse beteiligt. In Anbetracht der großen Zahl von Stoffwechselvorgängen, die von einem Mangel an Zink oder Vitamin B6, bzw. einer Kombination von beiden betroffen sind, ist es verständlich, dass die Symptomatik dieses Stoffwechselphänomens sehr vielseitig sein kann (Heufelder; Comed). Nach C. Pfeiffer und H. Kapuste kann den Symptomen durch entsprechende Nährstofftherapie auf der Grundlage von Vitamin B6 und Zink begegnet werden. Nach Pfeiffer steht die Kryptopyrrolurie im Zusammenhang mit verschiedenen psychischen Störungen. Auch Zusammenhänge mit Schizophrenie werden beschrieben (C. Pfeiffer).

Beschriebene Symptomatik der Pyrrolurie

Wie in vielen Quellen erwähnt und durch zahlreiche Erfahrungsberichte von Betroffenen bestätigt, wird dem Krankheitsbild der Pyrrolurie seitens der klassischen Medizin häufig mit Vorurteilen begegnet. Das liegt sicher zum Teil daran, dass die Symptome sehr unterschiedlich und dadurch auch häufig schwer zuzuordnen sind. Es wird auch berichtet, dass den vielfältigen Symptomen von Pyrrolikern häufig erfolgreich begegnet werden kann, wenn orthomolekular behandelt wird (Pfeiffer, Kapuste und weitere). Die Pyrrolurie wird mit vielen heterogenen, ganz besonders auch psychischen Auffälligkeiten in Verbindung gebracht. Häufig wird dabei das Aufmerksamkeitsdefizit-Syndrom (ADS) genannt (u.a. Heufelder, Comed). Damit konsultieren in steigendem Maße Eltern mit "Problemkindern" den Arzt. Häufig werden diese Kinder als hyperaktiv eingestuft und entsprechend therapiert. Stresssituationen in der Schule, Leistungsdruck und Blackouts können die Symptome verstärken. Von Pfeiffer werden weitere neurologische und psychiatrische Auffälligkeiten beschrieben. Phänomene im Zusammenhang mit dem Kurzzeitgedächtnis, mit Traumerinnerungsvermögen und der zwischenmenschlichen Kommunikation werden beschrieben. Es wird zudem berichtet, dass sich diese Symptome unter Stress verstärken und Angstzustände die Folge sein können. Da Pyrrolurie als ein familiär gehäuft auftretendes Phänomen beschrieben wird, kann eine Familienanamnese hilfreich sein kann. Eine Zusammenfassung der Symptome kann C. Pfeiffers "Nährstofftherapie bei psychischen Störungen oder Heufelders "Kryptopyrrolurie" entnommen werden.

Informationen aus der Literatur zur Substitution mit Vitamin B6 und Zink

Zur orthomolekularen Behandlung unterschiedlicher Erkrankungen wird beispielsweise in Uwe Gröber: Orthomolekulare Medizin berichtet. Weitere Informationen zur Rolle von Vitamin B6 und Zink sind dort dargestellt. Unter anderem in Heufelders Artikel "Kryptopyrrolurie" wird auf die Behandlung durch Zufuhr von Vitamin B6 und Zink eingegangen. Die Nährstofftherapie ist durch den Arzt (Ärztin), bzw. durch den Therapeuten individuell an den Patienten anzupassen. In mehreren Literaturstellen (Uwe Gröber, Vera Mehl) wird die Konzentration von 15 µg/dl als Grenzwert für Kryptopyrrol-positive Befunde genannt. Wir beziehen uns auf diesen Wert.

Wir erklären bei dieser Aussage zur Nährstofftherapie ausdrücklich, dass es sich bei gegenständlicher Information um keine Produktempfehlung für den Endverbraucher handelt, sondern ausschließlich um eine Fachinformation für Therapeuten.

Bestimmung von Kryptopyrrol im Speziallabor

Die Bestimmung wird nach organischer Extraktion und Derivatisierung mit Ehrlich's Reagenz durch photometrische Bestimmung durchgeführt. Jede Probe wird grundsätzlich durch Doppelbestimmung gemessen. Wichtig ist, dass die Proben in den Spezialröhrchen mit Stabilisator (Ascorbinsäure im transparenten Röhrchen) und Lichtschutz (äußeres, dunkel eingefärbtes Röhrchen) in das Labor versendet werden. Die Probe sollte so abgeschickt werden, dass die Postlaufzeit möglichst kurz gehalten wird (Röhrchen möglichst nicht freitags versenden). Das Ergebnis liegt spätestens nach einer Woche vor.

Zusammenfassend sollte folgendes zur Präanalytik beachtet werden

  • Urinabgabe kurz vor dem Postversand

  • Falls der Urin nicht direkt in das Röhrchen gegeben wird, mit einem sauberen Gefäß vorher abfangen. Darauf achten, dass die Ascorbinsäure nicht verloren geht.

  • Die Röhrchen sollten möglichst vollständig gefüllt sein

  • Ca. 4 Tage bis eine Woche dürfen keine größeren Mengen an Vitaminen, insbesondere B-Vitaminen (z.B. durch Vitaminsäfte und Zinkpräparate) aufgenommen werden, damit eventuelle dadurch bedingte Messstörungen ausgeschlossen werden können.

Literatur

Vera Mehl: Pyrrolurie und Folgekrankheiten - eine Hauptursache für Arztbesuche:Journal für orthomolekulare Medizin 1/2000

Vera Mehl: Pyrrolurie, eine weitgehend unbekannte, aber weit verbreitete Stoffwechsel-Besonderheit mit (u.a.) ADHD- Symptomatik: die Akzente

Armin E. Heufelder: aus Comed 5/01

H. Kapuste: 4/95 Pyrrolurie, Viatmin B6 und Zink Therapeutische Erfolge und offene Fragen Journal für orthomolekulare Medizin

E. Prochazka: Umwelt-Medizin-Gesellschaft 14/ 4/ 2001 Pyrrolurie - das missing link

C. C. Pfeiffer: 1986, Haug Verlag; S 59-80; Nährstoff-Therapie bei psychischen StörungenL. Wettenberg: Pharmacological and biochemical properties og kryptopyrrole and its oxidation products possibly related to acute intermittent porphyria: 1976: Annals of clinical research; vol. 8 suppl. 17

Uwe Gröber: Orthomolekulare Medizin: Ein Leitfaden für Apotheker und Ärzte; Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart: Teil II Mikronährstoffe in der orthomolekularen Medizin S. 60-64 und 132 - 135

J. Kamsteeg: Zeitschrift für Umweltmedizin 10. Jahrgang Heft 3 / 2002

D. Irvine, Bayne W., Miyashita H. Identification of Kryptopyrrole in human urine and its relation to psychosis Nature 224, 1969

U. Böhm, C. Muss, M Pfisterer: Rationelle Diagnostik in der orthomolekularen Medizin; Optimale Therapie durch individuelle Diagnostik; Hippokrates Verlag Stuttgart, 2004